Beitrag zum 4 Nations Turnier
Bericht Referat INTERNATIONAL-Affairs 2022
Aus Gründen der internationalen Reisebeschränkungen, genereller Ansteckungsgefahr und rational gebotener Infekt-Verbreitungs-Prävention zum Schutz vulnerabler Bevölkerungsgruppen war es während der krassesten Pandemie-Jahre 2020 und 2021 bis auf wenige Ausnahmen nahezu unmöglich, an Bewerben ausserhalb nationalen Territoriums teilzunehmen. Wegen des multinationalen und -kulturellen Charakters des prestigeträchtigen und alljährlichen Aufeinandertreffens “Four-Nations-Billiards International“ wurde in diesen Jahren wohlweislich a priori die Austragung abgesagt.
Umso größer die Freude für das Österreichische Nationalteam (Abb.1) dieses Jahr, auch wieder zu diesem renommiertesten aller Amateur-Mannschaftsbewerbe in der Disziplin English Billiards eingeladen zu werden.
Abbildung 1
Dankenswerterweise ist ein Österreichisches Team Teil dieser Begegnung durchgehend seit 2006 – die Rahmenbedingungen blieben für dieses Turnier über den gesamten betrachteten Zeitraum unverändert – und hat, muss man objektiv konstatieren, eine erstaunliche und beeindruckende positive Entwicklung durchgemacht (Abb.2) So stabilisierten sich die Leistungen bereits nach der vierten Teilnahme und speziell gegen das 10-Jahres Jubiläum auf hohem zweistelligem Niveau; in den letzten acht Teilnahmen wurden jedenfalls sechs mal 15 Punkte überboten, nur einmal blieb man etwas unter den Erwartungen (Derby, 2018). Hierbei wurden aber auch Highlight-Ergebnisse erzielt, die interessanterweise sicher nicht zufällig immer auf die Heim-Austragung zurückfielen (Pfeil), darunter das bisherige ‘best-ever‘ mit 26 erspielten Punkten im Bundesleistungszentrum (Wien, 2017).
Abbildung 2
Der HSEBC steuerte dieses Jahr mit dem regierenden Staatsmeister Martin Schmidt und Vizestaatsmeister von 2017 Markus Bauer sicher die stärkst einzuschätzenden Athleten bei, unterstützt werden diese von Patrick Stegmeier (ABC, Staatsmeister 2011), Emanuel Stegmeier (ABC, Vizestaatsmeister AK 2018), Christian Pleschko (PSSC), dem vielfachen oberösterreichischen Meister, sowie dem EBOS und WBL-Internationalen Carl Walter Steiner (HSEBC, Österreich.Vizemeister 2007, 2011 und 2012) . Nationalteam-Referent Marius Eder und Nationaltrainer Zi Kim Chau hatten zunächst auch Thomas Janzso (HSEBC) ins Team nominiert, dieser musste jedoch verletzungsbedingt seine Teilnahme zurückstecken.
Bericht: Tag 1 – Samstag
Am 3.Dezember war die Hälfte des Teams zur Morning Session im Timed–Modus auf eineinhalb Stunden gefordert, den republikanisch-Irischen Landsmännern Paroli zu bieten. Dies konnte auf den drei schwierigst zu spielenden Tischen des Austragungslokals insoferne nur schwer gelingen, als dort wegen der sehr tief hängenden sargförmigen Beleuchtungskörper aufrecht stehende Spieler den center spot (blau) nicht ohne sich zu bücken erkennen können, geschweige denn Pyramid (rosa) oder das ferne Ende des Tisches (top-cushion), sicherlich gilt diese Einschränkung für beide Akteure. Jedoch sind Stegmeier und Steiner, sowie auch Pleschko wesentlich höher gewachsen, als dies Wayne Doyle, John Kehoe und Anthony O’Flaherty sind, die im Gegensatz zu den Österreichern jederzeit ihre gewohnte Perspektive vom Spielgeschehen wahrnehmen konnten, und dies ist für erfolgreiches Winkel-Einschätzen unabdingbar. So konnten Stegmeier und Steiner nur etwa die halbe Performance Ihrer jeweiligen Gegner einfahren, Christian gelang ein Ergebnis merklich über der 50%-Marke gegen John Kehoe, der mit 77 das höchste break der Session niederschrieb.
Die gegen Nordirland antretenden Billardisten fanden nachgerade konträr einzigartige Spielbedingungen vor, all diese Tische hatten moderne, deckenmontierte diffus blendfrei abstrahlende Lichtquellen. Davon ist Tisch 4 auch der Trainingstisch des Snooker-Profis Fergal O’Brien, beheizt aber dafür mit hoch-anspruchsvollen Taschenprofilen ausgestattet. Emanuel Stegmeier kam hier gut zurande und wies den 4-Nations Neuling Alistair McDonald in die Schranken (2 Punkte), gleichermaßen scorte Martin Schmidt konstant gegen den erfahrenen Frank Trainor und erspielte sich über die 90-Minuten Distanz 130 Vorsprung – davon ein break 61 (2 Punkte)! Markus Bauer hatte es mit dem agilen Kenny Campbell zu tun, der neben ausgesprochen erfolgreichen winning-hazards auch klar nachvollziehbaren Zug zum top-of-the-table erkennen ließ. Solcherart steht man, sobald der Gegner einen Fehler macht, hinter allen Bällen nahe der Top–Cushion, was einen erfolgreichen Einstieg leider nochmal unwahrscheinlicher gestaltet.
In Session zwei ging es darum, vor dem Gegner die 150-Punkte Marke zu überschreiten, oder bei Zeitablauf wenigstens im zweiten Game vorne zu liegen, was je 1 Scorepunkt pro gewonnenem Game lukriert.
Patrick Stegmeier lag hier an und für sich in Front, jedoch konnte Gary Norman – wohl ein direkter Abkömmling Wilhelms des Eroberers – diesem alle Ehre bereiten und aus dem Hinterhalt (44-unf) beide Scorepunkte nach Peterborough verbringen. Martin Schmidt widersetzte sich hingegen dem Englischen Jäger Dean Manders und brachte die Ernte des ersten Games sicher ins Trockene; in der Nervosität des Wissens um die letzten Minuten gab er aber auf der Suche nach Offensive zu viele Chancen an den Verfolger ab, der sich in Eichhörnchenmanier angepirscht hatte und letztendlich 4 Körnchen mehr im Sammelbeutel aufweisen konnte! (denkbar knapp nur) (1 Punkt). Dafür gelang Markus Bauer der Coup, Norfolk-Jungstar Nathan Mann im Endspiel davonzulaufen, und das ist jemand, der bereits den mannigfachen Weltmeister Mike Russell über die volle Distanz eines Timed-Games bei der Weltmeisterschaft deklassieren konnte! Bravo und Gratulation, Markus! (1 Punkt).
In der Folgesession wurde den Österreichern wirklich alles abverlangt: Als Gegner firmierten die zwei aktuellen Halbfinalisten der WBL-Weltmeisterschaften in Singapore. Dementsprechend sollten auch gleich zwei Beiträge nahe der century-Marke bei Peter Sheehan gegen Emanuel anzuschreiben sein (92, 94-unf), UK-Champion Robert Hall produzierte gegen den verzweifelt kämpfenden Christian mit einer 135 gar die Bestmarke des Turniers über das 150-up Format. Chris Mitchell surft normal die Küsten Cornwalls ab, fischt, wirft seine Beute in Bierteig und hernach in siedendes Öl. Diesen fatalen Untergang konnte CW Steiner zwar abwenden, Sunny-boy Chris schlängelte sich aber in beiden Versuchen aalglatt vorbei und gelangte spielend als Erster an die Zielboje.
Nun mussten Emanuel und Markus zum Timed-Game an die Old-Fashioned Tische 8 und 9, deren Tuch auch noch “dogmatisch“ reagiert (Zitat:Mark King), das bedeutet es fühlt sich ruppig, fellig, flauschig bzw. rau an (effin‘ dog-mat) und verursacht jedenfalls abrupt eintretende Ball-Stillstände, nebenbei sind die Banden stumpf und es fehlt das Steel–backing. Gleichzeitig ist es schwierig auf Distanzen größer als 50cm ‘Stun‘ aufrechtzuerhalten, oft bei Karambolagen oder forcierten in-offs erforderlich. Trotz eines schönen breaks von 54 konnte Markus hier das Vorbeiziehen des Routiniers Joe Doheny um etwa 80 nicht verhindern, und Emanuel musste Jason Dowling leider sogar rund 150 Vorsprung belassen. Hier hätte vielleicht das Losglück ein bisschen mehr zu Gunsten der Österreicher ausschlagen können, denn sehr wahrscheinlich wäre jeder der beiden in der Lage gewesen Martin’s Gegner Robert McCrum zu biegen. Mithilfe eines breaks 54 und 170 Punkten Luft steckte dieser ungefährdet die 2Punkte in die Tasche des Österreichischen Teams.
In der gleichen Session traf der Krenglbacher Pleschko auf den bisher unbekannten Ulsterman Stewart Gordon. In Christians Worten ging dieser praktisch nie unter 30-40er Sequenzen vom Tisch über 50 konnte er allerdings nur einmal anschreiben (58). Effektiv bedeuten 500 Gesamtscore, daß man im Halbstundentakt 5 mal 33 gescort hatte und dies bei nicht unbeträchtlicher Gegenwehr – hochklassig! Patrick Stegmeier musste in seiner Verfolgung Tommy Hunter hinterhersprinten, gelangte aber nie in eine finale Abschussposition, lediglich CW Steiner konnte den mit 429PS ausgestatteten AMG E 53 – Raser Dom Halligan ausbremsen und brachte ihn an der Zielfahne genau um 100 zur Strecke (2 Punkte).
Bericht Tag 2 – Sonntag
Gut ausgeruht begab sich das Team erfreulicher Weise in Damenbegleitung in den sonntäglichen Frühstücksraum. Cerealien verschiedener Ausprägungen wurden von den nicht Lactoseintoleranten mit Milch übergossen, heiß gekocht standen Tomato, Bohnen, Schwammerl, Schwarzer und Weißer Pudding (Blut- und Innereienwurst), hash–brown (Kartoffelrösti, das wohl aus Angst vor Acrylamid deutlich mehr ins Gelbliche denn ins Braune tendierte), Schinken und Spiegeleier zur Verfügung, jedoch nicht unlimitiert – Ei ist derzeit Mangelware in den Lieferketten der Britischen Inseln, daher wurde auf zwei Maximum rationiert. Neben white- und brown–bread fanden Zöliakisten auch Backware vor, die man in den Toaster schieben konnte und hoffen, daß sie auch wieder glutenfrei vom Förderband abfalle. Komplementiert wurde jeder erdenkliche Frühstückswunsch durch lieblichblättrige Buttercroissants idealerweise an Marmeladen oder Konfitüren gemäß EU-Richtlinie 2001/113/EG (wir sind in Irland, nicht aber in Schengen!).
Pünktlich um 10:00 musste Einspielen und Stringing absolviert sein, Einsprüche betreffend der Tischauslosung durchliefen eine cooling–down Phase und waren dann bereits teamintern abdiskutiert.
Gegen die Republik Irland blieb CW Steiner auf der Strecke, das Gesicht des siegreichen Jason Dowling, der auch ein break 66 fabrizierte, kennt jeder Snooker–Enthusiast aus der Ersten Zuschauerreihe im Crucible Theatre. Wayne Doyle konnte sich jeweils um etwa ein half-century von Markus Bauer distanzieren (55, 57-unf.). Patrick Stegmeier gelang der erste Zuschlag im Turnier gegen Robbie McCrum, nur der fortgeschrittenen Zeit war es zu schulden, daß Patrick im zweiten Game unter Druck geriet und nur einige wenige Fehler zuviel ließen die Punkte zur Gegenseite migrieren (1 Punkt).
Großartig fühlte sich Emanuel Stegmeier, der noch einmal an den XingPai Profi–Tisch Fergal O’Briens durfte. Frank Trainor hatte daran seine Schwierigkeiten, insbesondere eckten die winning hazards zu häufig an den knuckle. Schmerzhaft legte sich Emanuel selbst zu hohen inneren Erfolgszwang auf und ebenso wanderten seine ureigensten Fingerknöchel nach denkbar knapp abgegebenem Game wider die Star Bande (1 Punkt).
Christian blieb leider nur übrig, Kenny Campbell beim scoren zuzusehen, trotz ausgerufener Rapid-Viertelstunde versandete die Aufholjagd gerade unter der Dreiviertel-Marke.
Alle, die sich zu High-Noon gegen England duellieren mussten, überlebten den Schlagabtausch mit den Britischen Hitmen Chris Mitchell, Dean Manders und Nathan Mann zwar, lagen aber schwerst versehrt darnieder… die Gefolgsleute, die zwei Stunden danach den Karren aus dem Dreck ziehen sollten, gingen teuflisch gebeutelt zu Boden – Peter Sheehan: 666, Robert Hall: 649 , lediglich Martin Schmidt konnte ein break 59 gegen den übelriechendes Gas ausdünstenden Beelzebub Gary Norman ins Feld führen, was diesen aber nicht auszutreiben in der Lage war. (12:0 Session für England!).
Zum Showdown konnten die beiden Oberösterreich-affiliierten Teamkameraden Martin und Christian schwer beeindrucken. Christian Pleschko – bereits historisch (seit 2008 in Carlow) auf Irisch-Republikanisches Urgestein (Victor O’Gorman) fokussiert, spezialisiert sich in seiner Paradedisziplin weiter und kann Joe Doheny mit einem Makel behaften – ihn restlos zu überwältigen fehlten nur noch 11 Zähler
(1 Punkt). Für Patrick übte nun Martin Schmidt an Anthony O’Flaherty Revanche, beide Games werden (wohl über den Rhein-Main-Donau Kanal) sicher in den Österreichischen Hafen geschippert (2 Punkte). Emanuel Stegmeier kann erfreulich gut an John Kehoe dran bleiben, bedauerlich gehen aber beide Games denkbar knapp an den Irischen Sportdirektor.
Gegen Paul Lindsay muss sich Carl Walter echte Chancenlosigkeit eingestehen, an diesem ist angesichts seiner unglaublichen Pot-Stärke ein Snooker Pro verloren gegangen. CW hat während der kurzen Zeit seiner Exekution keine einzige Wahrnehmung eines fehlgeschlagenen Pot-Versuchs des zum Vereinigten Königreich zugehörigen Nord-Iren erinnerlich, tröstlich nur, daß es so schnell und schmerzlos ging. Schmerzhaft hingegen für die Nord-Iren sind die beiden Punkteverluste, die sie letztendlich den geteilten Zweiten Platz gekostet haben: Patrick Stegmeier kann Dom Halligan neutralisieren, 1:1 ist ein faires Remis, wenn auch, wie immer, mehr drin gewesen wäre…(1 Punkt). Die Sensation schlechthin lieferte aber am finalen Turnier-Schauplatz Markus Bauer ab: Mit seinem Gamegewinn (1 Punkt) dekapitiert er förmlich die gesamte Nordirische Mannschaft, und verweist sie damit auf Platz-3; denn Frontmann Chris Kirk war natürlich bis dato ungeschlagen – gegen Österreich – Gratulation! Und weiter so…!
Gratulation klarerweise, an das siegreiche Team England! Well-dones!
Wirklich positiv, daß dieses Jahr niemand vom Team dem Fluch eines Nullers ausgeliefert geblieben ist – alle Teilnehmer haben gescort, und konnten damit Ihre Nominierung rechtfertigen, und das mit drei Punkten im Schnitt. Luft nach Oben ist genug, eine Lineare Regression durch die Daten in (Abb.2) , das heurige Ergebnis bereits eingerechnet, weist eine Steigung von 1,11, der zufolge über den gesamten Betrachtungszeitraum von 15 Teilnahmen eine allmähliche jährliche Performance Steigerung von 11% erreicht werden konnte; bei theoretischer Extrapolation, die naturgemäß unzulässig ist, könnte man eine ähnliche Entwicklung auch für die nähere Zukunft noch erwarten, natürlich gibt es kein endloses Wachstum.
Bericht: CW Steiner